Für die nach überwiegender Meinung vertragswidrigen „anderen Anordnungen“ des § 2 Nr. 5 VOB/B zur Bauzeit will der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss (DVA) nun die Rechtsgrundlage in § 1 Nr. 3 VOB/B unterlegen.
Mit der Neuregelung wird das eigentliche Problem der Praxis, das in der Dokumentation der Baustelle sowie in der Darlegung der anspruchsbegründenden Tatsachen und der anspruchsausfüllenden Folgen liegt, nicht gelöst werden.
Vorgeschlagene Änderung
Durch Beschluss vom 17.05.2006 stellt der DVA unter anderem zur Diskussion: Das einseitige Recht des Auftraggebers zur „anderen Anordnung“ der Rechtsfolgeregelung des § 2 Nr. 5 VOB/B soll als Anordnungsrecht zur Bauzeitänderung konkretisiert und in § 1 Nr. 3 VOB/B begründet werden.
Heilung eines Bruchs
Damit greift der DVA eine seit langem in der Literatur weitgehend übereinstimmend erkannte Unschlüssigkeit zwischen § 2 Nr. 5 VOB/B und § 1 Nr. 3 VOB/B auf. Die Diskussion um eine erweiterte Auslegung des § 1 Nr. 3 VOB/B dürfte damit beendet werden können. So wird vertreten, der Bauentwurfsbegriff umfasse neben den Bauinhalten auch die Bauumstände, insbesondere bauzeitverändernde Anordnungen (Zanner/Keller, NZBau 2004, 353; Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand: 10.04.2006, § 631 Rz 347 ff; Wirth/Würfele, Jahrbuch Baurecht 2006, 119), was gegebenenfalls ausschließlich einen Vergütungsanspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B begründen würde. Oder: Eine Anordnung zur Bauzeit sei eine vertragswidrige Anordnung – insoweit noch herrschende Meinung – und in der Rechtsfolge könne sie nur einen Schadensersatzanspruch nach sich ziehen (Thode, ZfBR 2004, 214, ihm folgend OLG Hamm, BauR 2005, 1480; schon früher Kapellmann/Schiffers, Bd. 1 2006, Rz 800, jedoch in Anspruchskonkurrenz zur Vergütungslösung unter § 2 Nr. 5 VOB/B).
Mit dem Vorschlag des DVA hätten die Parteien die Befugnis des Auftraggebers zur einseitigen Bauzeitänderung vertraglich geregelt. Die Rechtsfolge ergäbe sich dann ohne Bruch mit § 1 Nr. 3 VOB/B aus § 2 Nr. 5 VOB/B. Es ist nur konsequent, wenn der DVA auch in einer Ergänzung zu § 6 Nr. 6 VOB/B klarstellen will: „Der Auftragnehmer kann keinen Schadensersatz aus Bauzeitverlängerung beanspruchen, soweit ihm aus einer Anordnung des Auftraggebers zur Bauzeit (VOB/B § 1 Nr. 3) eine Vergütung nach § 2 Nr. 5 VOB/B zusteht.“ Als „Heilung des Bruchs“ wird der Vorschlag des DVA begrüßt.
Fragwürdigkeit
Fragwürdig ist indessen ein Teil der Begründung des DVA … (weiterlesen bei ibr-online)
Fazit
Der DVA wird das bauzeitliche Änderungsrecht zu Gunsten des Auftraggebers in § 1 Nr. 3 VOB/B voraussichtlich klarstellen nach dem Verständnis der einen (stellvertretend: Zanner/Keller) und überhaupt erst einführen nach dem Verständnis der anderen (stellvertretend: Thode). Damit wird die Rechtsgrundlage für die nach überwiegender Meinung vertragswidrigen „anderen Anordnungen“ des § 2 Nr. 5 VOB/B (Rechtsfolge) zur Bauzeit in § 1 Nr. 3 VOB/B unterlegt. Die Hürden für die ordentliche Nachweisführung von Vergütungsansprüchen aus im Übrigen relativ wenigen echten bauzeitlichen Anordnungen werden bleiben. Und die weit überwiegenden Behinderungsfälle mit Pflicht- und Obliegenheitsverletzungen sind weiterhin unter dem Recht der Leistungsstörung (BGB §§ 280, 642; VOB/B § 6 Nr. 6) abzuwickeln.