Das Forderungssicherungsgesetz (FoSiG) sieht eine Abrechnungsvereinfachung für die Fälle der freien Kündigung vor. § 649 BGB soll durch den folgenden 3. Satz ergänzt werden: „Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert der vereinbarten noch nicht verdienten Vergütung zustehen.“
BGB n.F. § 649; FoSiG Art. 1 Nr. 6; VOB/B § 8 Nr. 1 Abs. 2
Ausgangssituation
Die Rechtsprechung habe die Darlegungsanforderungen des Vergütungsanspruchs im Hinblick auf den ersparten Aufwand so hoch gesetzt, dass der Anspruch praktisch kaum durchzusetzen sei, so die Wahrnehmung des Gesetzgebers (siehe Begründung zum FoSiG; ibr-online-Materialien).
Thesen/Kernaussagen
In der Tat ist der Nachweis des Ersparten komplex. So dürfen die infrage kommenden Abzugswerte nicht einfach aus der Urkalkulation abgelesen werden. Vielmehr ist jener Aufwand abzuziehen, welchen der Auftragnehmer (AN) gehabt hätte, wenn er den Vertrag vollständig erfüllt hätte. Denn der AN ist wirtschaftlich so zu stellen, wie er ohne die Kündigung gestanden hätte, so zuletzt BGH, „Müllbunker“, BauR 2005, 1916, 1917. Wenngleich dieses Postulat völlig richtig ist, wird der Nachweis dadurch nicht gerade erleichtert. Das kann so weit gehen, dass der AN etwa bei den Lohnkosten einen für ihn günstigen hypothetisch-tatsächlichen Kostenverlauf und darüber verkappten Gewinn darlegt, welcher ohne die Kündigung zu Tage getreten wäre (Drittler, BauR 2006, 1215, 1217 ff). Weil der Nachweis oft nicht ohne profunde baubetriebliche Kenntnisse zu führen ist, wird der AN nicht selten auf sein Recht verzichten. Versucht er es dennoch, so stolpert er allzu häufig über Darlegungsmängel. Und weil das Postulat des BGH in einem Teil der Literatur abgelehnt wird (ursprünglich begründet von Kapellmann in Jahrbuch Baurecht 1998, 35, 62), trägt der AN zumindest ein gewisses Durchsetzungsrestrisiko. Das rechtfertigt immerhin die Marscherleichterung durch Einführung der Vermutung in § 649 BGB, dem AN stünden 5% der vereinbarten noch nicht verdienten Vergütung zu. Die Vermutung kann der Auftraggeber widerlegen. Er kann den Nachweis höherer Ersparnis führen (s. Begründung zum FoSiG; a.a.O.), so dass dem AN weniger als 5% der Vergütung für die gekündigte Leistung bleibt. Diese Last dürfte dem Auftraggeber in der Praxis zur Überlast werden, gelten doch neben dem Gewinn nach heute wohl einhelliger Ansicht auch die Allgemeinen Geschäftskosten (AGK) als nicht ersparter Aufwand. Selbst mit der in der Bauwirtschaft berüchtigten „roten Null“ für den Gewinnansatz könnte der AN ohne Inanspruchnahme der Vermutungsregel bei einem regelmäßig gegebenen AGK-Ausweis von 6% – 8% der Auftragssumme bereits deutlich mehr als 5% der noch nicht verdienten Vergütung geltend machen. Mit dem Beispiel wird auch offenbar: Wenn der AN sich mit 5% der gekündigten Leistung begnügt, benimmt er sich einer Chance auf Mehr. Denn auch er kann die Vermutung widerlegen. So hat der AN eine oft gut begründbare Möglichkeit, eine höhere Vergütung darzulegen. Denn das nicht Ersparte erstreckt sich neben dem Gewinn und den AGK oft beispielsweise auch auf Teile der Baustellengemeinkosten (Drittler, IBR 2006, 1094 – nur online) und sogar auf Teile der Lohnkosten und der Gerätekosten (Drittler, IBR 2006, 1095 – nur online).