Gestörter Bauablauf: Kein Anspruch auf Ersatz ungedeckter Geschäftskosten?

Die abgerechnete Bauleistung sorgt auch bei gestörtem Bauablauf für einen Ausgleich der anfänglichen Deckungslücke bei den Allgemeinen Geschäftskosten, so dass der Auftragnehmer keinen Nachteil erleidet.

Thesen gebildet nach:
Eschenbruch/Fandrey: Zur Geltendmachung von Ansprüchen wegen ungedeckter Allgemeiner Geschäftskosten im Rahmen des § 6 Abs. 6 VOB/B, veröffentlicht in: BauR 2011, 1223 – 1230

Problem

In der Auseinandersetzung über Ansprüche aus Behinderungen aus dem Risikobereich des Auftraggebers nehmen Forderungen aus unterdeckten Allgemeinen Geschäftskosten (AGK) häufig einen großen Anteil an den geltend gemachten Gesamtansprüchen ein. Die Autoren gehen der Frage nach, ob der Auftragnehmer (AN) bei Anwendbarkeit von § 6 Abs. 6 VOB/B (Schadensersatz mit Ist-Kosten) und § 642 BGB (Entschädigung mit kalkulativ fortgeschriebenem Ansatz) Anspruch auf Ersatz der kalkulativ und regelmäßig umsatzbezogen angesetzten AGK hat. Unterdeckungen können entstehen, wenn AGK während der Behinderungsdauer nicht erwirtschaftet werden, ohne die Behinderung aber erwirtschaftet worden wären.

Kernaussage des Autors

Es fragt sich, ob der AN einen Ausgleich der anfangs erlittenen Unterdeckung erhält, wenn die zeitlich später abgewickelte Bauleistung abrechnet wird. Mit genau dieser Frage entwickeln die Autoren ihre These: Nach Wiederaufnahme der Arbeiten könne der AN die AGK entsprechend seiner Kalkulation vollständig – wenn auch später – abrechnen und die anfangs entstandene Vermögenslücke beim Schadensersatz schließen bzw. bei einem Entschädigungsanspruch – ich ergänze sinngemäß – den gegenüber der kalkulatorischen Annahme anfangs hingenommenen Nachteil ausgleichen.

Anmerkung

Auf die tatsächliche Wirkung im Bauablauf kommt es an, nicht auf eine – wie vorliegend mit der Soll-Methode vorgetragen – an der Wirklichkeit vorbeigehende. In dem lesenswerten Aufsatz behandeln die Autoren die an den Verhandlungstischen und in der Literatur umstrittene Frage nach der Ersatzfähigkeit von behinderungsveranlasst unterdeckten AGK. Das Ergebnis ist allerdings fragwürdig. Richtig ist noch, dass die kalkulierten AGK später in der zeitlich verschobenen Lage erlöst werden. In der verschobenen Lage werden allerdings Kapazitäten (Arbeitspotenziale wie etwa Arbeiter, Geräte, Bauleiter) gebunden, die ohne die Behinderung und die daraus resultierende Leistungsverschiebung (Kausalität: „für Leistungsverschiebung ist Behinderungsereignis ursächlich“ vom Anspruchsteller nachzuweisen) regelmäßig im anderen Einsatz AGK-Deckung erzielt hätten. So wird zwar anfangs Ungedecktes später gedeckt. Es entsteht aber unter Umständen eine Deckungslücke als Folge des Behinderungsereignisses (näher Drittler, BauR 2008, 1217, 1222 f). Im Übrigen überzeugt auch das Argument der Autoren nicht, der Ausgleich von unterdeckten AGK komme als Schadens- oder Entschädigungsposition nicht in Betracht, weil sich „die Unterdeckung nur als abstrakte fehlgeschlagene Geschäftserwartung“ darstelle. Auf die einzelne Bauablaufstörung bezogen lasse sich ein Zusammenhang zwischen der Bauverzögerung und den Allgemeinen Geschäftskosten nicht feststellen. Die behauptete Unterdeckung sei lediglich „eine rein abstrakte Zuordnung nicht rechtzeitig eingegangener Vergütungsanteile … zu einer abstrakten unternehmerischen Planvorgabe.“ Das Gegenteil ist richtig. Es lässt sich, und zwar regelmäßig konkret, diese Kausalkette nachweisen: „Behinderungsereignis verursacht zeitliche Verschiebung von Bauleistung im Bauablauf, diese bewirkt wiederum in der Wirkzeit des Behinderungsereignisses Verkleinerung der ungestörten Bauleistungsraten und damit anfängliche Deckungslücke bei AGK“. Eine andere Frage ist es, ob AGK in Bezug zu einer einzelnen Baumaßnahme gestellt werden können. Sie können es nicht, denn ihnen fehlt per definitionem die verursachungsgerechte Zuordenbarkeit. Darauf kommt es für die den Anspruch ausfüllende Kausalität aber nicht an.