Nachlass auf Ur-Preis ist im Nachtragspreis fortzuschreiben!

Ein bedingungslos gegebener Nachlass in einem VOB/B-Vertrag gehört zur Preisermittlungsgrundlage und ist daher auch bei der Ermittlung der Nachtragsvergütung für geänderte und zusätzliche Leistungen zu berücksichtigen.

VOB/B § 2

Ausgangspunkt

Beim VOB/B-Vertrag muss ein neuer Preis (Nachtragspreis) im Grundsatz ein aus dem alten mit allen seinen Über- und Unterwerten abgeleiteter sein. Das Kostendeckungsniveau (Kostendeckungsgrad) wird im neuen Preis fortgesetzt. Umstritten ist die Frage, ob dieses Prinzip auch für die den kalkulatorischen Gewinn bzw. Verlust beeinflussende Größe „bedingungslos gewährter Preisnachlass“ gilt. Für die Fortschreibung spricht sich die Mehrheit in Literatur und Rechtsprechung aus (u.a. Kniffka, ibr-online-Kommentar, Stand 13.11.2007, § 631 Rz. 416, 434; BGH, IBR 2003, 591; OLG Hamm, IBR 1995, 162; OLG Düsseldorf, IBR 1992, 486 = IBR 1993, 371). Es wird hier ausdrücklich nicht die zurzeit diskutierte Frage erörtert, ob Gewinn/Verlust aus der ursprünglichen Preisermittlung linear oder als Absolutbetrag fortzuschreiben ist.

Thesen

Eine Mindermeinung spricht sich gegen Nachlass im Nachtragspreis aus. Wenn der Nachlass nach Angebotsabgabe im Rahmen der Verhandlung als akquisitorisches Instrument und Anreiz für die Auftragsvergabe angeboten wurde, solle er im neuen, dem Nachtragspreis, außer Acht bleiben. Der Nachlass sei dann nicht Preisermittlungsgrundlage, sondern als Preisnebenabrede von den Preisermittlungsgrundlagen losgelöste Sondervereinbarung, so wird argumentiert (Anmerkung von Keldungs zu OLG Köln, IBR 2003, 119 im Anschluss an Kapellmann, NZBau 2000, 57). Nur das Hauptangebot habe der Bieter übersehen können. Bei Nachträgen könne eine unabsehbare Verlustmaximierung eintreten, weshalb auf solche der Nachlass nicht anzuwenden sei. Anders sei es nur bei einer ausdrücklichen Vereinbarung (Kapellmann/Schiffers, Band 1, Rz. 1044). Diese Auffassung überzeugt nicht. Ein Nachlass ist nichts weiter als „Grundlage der Preisermittlung“. Das ist jene Grundlage, die am Ende des Prozesses Kalkulation und Angebot und Nachlass zum Preis führt. Allein die Kalkulation bildet den Preis nicht ab, wenn Nachlass angeboten und vereinbart wird. Nach dem Wortlaut der VOB/B soll der gesamte Prozess „Preisermittlung“ Grundlage sein und nicht nur die Angebotskalkulation (so aber Kapellmann/Schiffers, Band 1, Rz. 1045). Es kann auch keinen Unterschied bedeuten, ob der Bieter sein Nachlassangebot gleich mit dem kalkulierten Erstangebot „von unten herauf“ unterbreitet oder ob der Nachlass erst in der Phase zwischen Erstangebot und Vertragsschluss „von oben herab“ in die Verhandlung eingebracht wird (neues Angebot). Kapellmann führt diese Unterscheidung an und meint, der Nachlass sei im Nachtragspreis nur dann zu berücksichtigen, wenn er bereits Gegenstand der Angebotskalkulation sei (Kapellmann/ Schiffers, a.a.O.). Gegen diese Auffassung und für eine Fortschreibung im Nachtragspreis spricht: Beide Formen von Nachlassangeboten sind schlicht Nachlass und unterschiedslos akquisitorisches Instrument. Letztlich ist der Aspekt „akquisitorisches Instrument“ überhaupt nicht geeignet für die Entscheidung, ob Nachlass auf den Ur-Preis auch im Nachtragspreis seinen Niederschlag finden muss. Denn der Nachlass ist ein Teil der Ermittlung des Preises, eben der Preisermittlung (siehe oben).

Fazit

Bedingungslos gegebener Nachlass bestimmt das Preisniveau eines Nachtrags unter einem VOB/B-Vertrag mit. Will der Bieter dies vermeiden, kann er mit dem gleichen Ur-Angebotsergebnis auch einen Nachlass unter Bedingung anbieten. Was hält den Bieter beispielsweise von der Erklärung in einem Nebenangebot, sofern zugelassen, ab, die Übernahme von Aushubboden in sein Eigentum ermögliche ihm einen Preisnachlass von „x“? Auch die ausdrückliche Begrenzung des Nachlasses auf das Hauptangebot kann weiterhelfen, wenn dieses Angebot die Vertragsverhandlung „überlebt“.