Eine Forderung aus § 2 Nr. 5 VOB/B kann grundsätzlich nicht in der Weise berechnet werden, dass lediglich bestimmte Mehrkosten geltend gemacht werden, ohne den sich aus einer Änderung des Bauentwurfs oder einer anderen Anordnung des Auftraggebers ergebenden neuen Preis darzulegen, der unter Berücksichtigung sämtlicher Mehr- und Minderkosten zu ermitteln ist.*)
BGH, Urteil vom 20.08.2009 – VII ZR 205/07
vorhergehend:
OLG Celle, 31.10.2007 – 14 U 95/07
VOB/B § 2 Nr. 5
Problem/Sachverhalt
Die klagende Auftragnehmerin (AN) führte die Bauarbeiten zur Errichtung der „Schleuse U. II“ aus. Im Rahmen eines Nachtragsauftrags baute sie die Baugrubensohle als rückverankerte HDI-Sohle. Die Sohle sollte 1,50 m dick sein und ihre Oberfläche sollte 4 m unter Aushubsohle enden. Für Mehrzement und erhöhten Suspensionsrückfluss macht die AN zusätzliche Vergütung in Höhe von 9.583.278,75 Euro geltend. Grundlegend sei ein „abweichender Baugrund“. Darin liege eine Anordnung im Sinne des § 1 Nr. 3 VOB/B. Ihr Vergütungsanspruch ergebe sich aus § 2 Nr. 5 VOB/B. Der BGH wendet sich gegen die Berechnung der Klageforderung. Die AN hatte aus der geltend gemachten Änderung lediglich Mehrkosten bei einzelnen Kalkulationsgrundlagen vorgetragen.
Entscheidung
Nach § 2 Nr. 5 VOB/B sei für den Fall einer Änderung des Bauentwurfs oder einer anderen Anordnung ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren, wenn die Grundlagen des Preises für eine ursprünglich geschuldete Leistung geändert werden. In einem schlüssigen Vortrag der Preisänderung seien die Mehr- oder Minderkosten darzulegen, die sich aus der Änderung ergeben. Die Darlegung lediglich erhöhter Kosten einzelner Elemente der Preisgrundlagen sei grundsätzlich unschlüssig. Denn sie zeige nicht die geforderte Mehr- und Minderkostenberechnung. Nur wenn im Ergebnis einer erforderlichen Vergleichsrechnung (BGH, BauR 1999, 897, 899) der neue Preis höher sei als der alte Preis, sei der Auftraggeber zur Vergütung der Differenz verpflichtet. Die AN hat Gelegenheit, ihren Vortrag zu ergänzen.
Praxishinweis
Auf die Vergleichsrechnung kommt es an. Darin ist der ursprüngliche Preis in seine Bestandteile laut Urkalkulation aufzuschlüsseln. Liegt keine Urkalkulation vor oder ist diese nicht genügend transparent, kann eine plausible nachträgliche Aufgliederung weiterhelfen (BGH, BauR 2009, 491, 497). Jenen Preisbestandteilen, die infolge der Änderungsanordnung im Vergleich zur ursprünglichen Kalkulationsannahme geändert sind, sind die neuen gegenüberzustellen. Anschließend ist der Preis mit den neuen geänderten und alten unveränderten Preisfaktoren (Leistungs- bzw. Aufwandswerte, innere Mengen, Verrechnungssätze, Kalkulationszuschläge wie etwa für Allgemeine Geschäftskosten) in der Struktur der Urkalkulation neu durchzurechnen. Das Auftragnehmerinteresse lässt höhere, das Auftraggeberinteresse niedrigere Preisbestandteile einfließen. Die Vergleichsrechnung zeigt auf der einen Seite die Elemente des ursprünglichen Preises (Grundlagen der Preisermittlung), auf der anderen Seite die geänderten. Erhöhend bzw. verringernd können in die Vergleichsrechnung nur solche Einflüsse eingehen, für die der kausale Bezug zur bauinhaltlichen bzw. bauumständlichen Änderung besteht. So hat beispielsweise im hier besprochenen Fall ein erhöhtes Volumen an Rücklaufsuspension im neuen Preis nur dann eine Anspruchsrelevanz, wenn dafür die grundlegende Baugrundabweichung nachweislich ursächlich ist.