Vergabefehler: Zum Umfang des Schadens aus Erfüllungsinteresse – Teil 2

  1. Der vom Gebrauch unabhängige Anteil an der Abschreibung und Verzinsung von Geräten ist Teil des Nicht-Erfüllungsschadens, ebenso der Deckungsbeitrag auf Materialien aus der eigenen Kiesgrube des Bieters.
  2. Kalkulatorische Kosten wegen nicht entstandener auftragsbezogener Wagnisse sind ersparte Kosten.

Problem/Sachverhalt

Vor dem OLG stritten die Parteien um die Höhe des Erfüllungsschadens (Rechtsfolge aus einem Vergabefehler). Es fragte sich, welche Kosten erspart und welche Kosten Teil des Nicht-Erfüllungsschadens sind.

Entscheidung

Ausgehend von rund 445.000 DM Angebotssumme hat das OLG der Klägerin rund 170.000 DM (38%) als Schadensersatz zugesprochen. Die hypothetischen Gesamterlöse aus dem nicht beauftragten Angebot (445.000 DM) seien vor Anrechnung der Erlöse aus anderweitigem Erwerb unter anderem um die Ersparnisse wegen Nichtdurchführung des Auftrages zu vermindern. Erspart seien grundsätzlich solche Kosten, die die Klägerin bei Ausführung des Auftrages gehabt hätte und die sie wegen des entgangenen Auftrages nicht aufzuwenden brauchte. Dazu zählten Betriebsstoffkosten und Materialkosten, nicht jedoch Deckungsbeiträge auf Materialien aus der eigenen Kiesgrube. Erspart sei objektspezifisch angesetztes Wagnis (Kalkulationsfehler, Ablaufverzögerungen, Gewährleistungsrisiken). Schließlich sei die Verringerung im Werteverzehr an Geräten, die infolge der Nichtbeauftragung nicht zum Einsatz gelangen, als erspart anzurechen.

Praxishinweis

Das sind die ersparten gebrauchsabhängigen Abschreibungs- und Verzinsungsbeträge (dazu Drittler, „Freie Kündigung – Zum Umfang der ersparten Kosten“, ibr-online-Aufsätze). Nicht als erspart von den erwarteten Gesamterlösen abzuziehen sind jedoch die nach Abzug der gebrauchsabhängigen Anteile verbleibenden, vom Gebrauch unabhängigen Abschreibungs- und Verzinsungsbeträge. Diese zählen zum Nicht-Erfüllungsschaden. Überzeugend ist die Ausgangsüberlegung des Gerichts für die Gerätekosten des entgangenen Auftrags, die darin enthaltenen (vom Gebrauch unabhängigen) Vorhaltekosten entstünden dem Geschädigten „betriebswirtschaftlich unabhängig davon, ob die Geräte auf der Baustelle eingesetzt werden.“ Der Geräteeinsatz auf einer abgerechneten Baustelle führe nur dazu, dass die Vorhaltekosten durch aus den dieser Baustelle zugeordneten Erlösen anteilig gedeckt werden. Daraus folge umgekehrt, dass für diese Vorhaltekosten keine Deckungsbeiträge erwirtschaftet werden, wenn der Auftrag nicht erteilt wird. Damit zählten diese zu den nicht ersparten Kosten.